Der „klassische Weg“ ins Tierheim ist die „normale“ Aufnahme:

Hunde, deren Halter verstorben sind, krank, alt, verzogen, Scheidungstiere, deren Halter nicht mehr ausreichend Zeit und Wohnraum für das Tier haben… Hunde, die alt ( Hundjahre in Menschenjahre umrechnen ) oder krank sind: große Hunde, die im Alter nicht mehr die Treppen zur Wohnung hoch kommen oder durch ihre Altersgebrechen nicht mehr in den Alltag der Halter passen (Inkontinenz, Lahmheit, Blindheit, Epilepsie etc. ) und deren Halter manchmal OP- oder Tierarztkosten nicht mehr bewältigen können. Sie alle werden oft unter Tränen und sehr schweren Herzens im Tierheim abgegeben und dort bis an ihr Lebensende betreut.

In den letzten Jahren hat sich leider ein weit größeres „Einzugsklientel“ ergeben: Tiere, die über das Internet angeschafft wurden. Leider zunehmend oft: rasch aufflammende Begeisterung und ebenso rasche Abgabe wie bei einer Ware, die eben nicht passt.

Das Netz ist voll von Tieren „in Not“, die „sofort“ ein neues Zuhause benötigen, sei es aus dem Tierschutz im Ausland, wo oft eindrucksvoll beschrieben wird, dass der Hund „bald getötet, im Winter erfriert, verhungert, von anderen Tieren gefressen, von Menschen erschlagen“ werden könnte etc.

Der tierliebende Mensch ist beeindruckt und fühlt sich gerufen, zu helfen. Er bietet sich als Pflege- oder Endstelle an – und bekommt an einem Rastplatz, Flughafen oder ins Haus „geliefert“ einen Hund, den er noch nie persönlich kennenlernen konnte. Das kann gut gehen und eine große Bereicherung sein, eine große Liebe… Es kann auch schief gehen. Im zweiten Fall ist eine Abgabe im Tierheim leider fast vorprogrammiert – die Tierschutzorganisationen haben für diesen Fall oft keine Lösung parat. Speizialisierte und qualifizierte Trainer verlangen für ihre Hilfe oft ein großes Engagement der Besitzer und für ihre Arbeit auch gutes Geld, zu Recht, was die Adoptanten dann jedoch oft nicht in dem Ausmaß einsetzen können oder möchten. Die deutschen Tierheime aber haben einen guten Ruf in der Bevölkerung, da sie wirklich gute Arbeit leisten. Man vertraut ihnen. Und eine Abgabe kostet im Vergleich deutlich weniger Geld. „Die werden bestimmt ein gutes Zuhause für ihn finden!“ –Und was besonders schmerzlich ist: der nächste Internethund hält oft wenige Tage danach Einzug in derselben Familie !!

Auch Hunde wie Herdenschutzhunde, „Listenhunde“ etc. sind problemlos erhältlich über das Internet, ja, sie werden oft als Welpen mit Worten wie „putziger Eisbär“ oder „Familienhund“ angeboten oder unter bewusst falschen Rasseabstammung wie „Boxer/Labrador“ – und dann ist es ein Pitbull und die Familie ist völlig überfordert… – Fast jedes deutsche Tierheim hat einen oder mehrere „Herdenschutzhunde“ oder „Listenhunde“, die meist dort dann „lebenslänglich“ sitzen, da unvermittelbar.

Und dann gibt es ja auch die „absoluten Tierfreunde“, Menschen, die viele „bedürftige Tiere“ bei sich aufnehmen. Das ist oft ganz prima!! Aaaber: oft ist es für die vermittelnden Tierschutzorganisationen nicht möglich, mit den Adoptanten über Jahre in Kontakt zu bleiben. So entgeht Außenstehenden, wenn die Situation kippt, wenn aus dem Tierfreund ein krankhafter „animal hoarder“ wird, jemand, der die Kontrolle verliert und wo dann aus der Hilfe für die Tiere die Hölle wird…. – Wenn irgend einem Nachbarn die Sache verdächtig vorkommt, landen die Tiere, wenn keine andere Lösung möglich ist – im nächsten Tierheim… Das sind dann oft 20 bis 200 Tiere in meist sehr schlechtem gesundheitlichen und psychischen Zustand, die oft kaum Menschenkontakt kennen und das müssen die Tierheime der Region dann bewältigen.

Aber die Tierheime und Tierschutzvereine leben meist fast ausschließlich von Spenden !

Sie ahnen nun, dass diese Rechnung irgendwann nicht mehr aufgeht.

Bei uns leben Hunde, die so ängstlich oder so aggressiv sind, dass „normale Menschen“ nicht mehr mit ihnen klar kommen, für die ein Trainingsplatz zur Resozialisation 400 bis 1800,- im Monat (!) kosten würde – und weil der Vorbesitzer dies nicht bezahlten konnte, hat er den Hund im Tierheim abgegeben! Und das Tierheim soll nun zaubern können? – Hinzu kommen immer öfter Animal-hoarder-Fälle mit „zig“ verwahrlosten Tieren auf einmal. – Und dazu der „normale“ Alltag aus Füttern, Pflegen, Gassigängern, Interessenten, Internet- und Facebook-Auftritten, Tierarztbesuchen, teure OPs und Kastrationen der Tiere, Neu- und Umbauten für bessere Haltungsbedingungen der Tiere….

Und dann sollen Kasse und Buchhaltung eine ausgewogene Bilanz aufweisen ?
Wie kann das gehen ?

Wer kommt denn auf für diese Tiere, die eben nicht putzig und süß und einfach vermittelbar sind und somit oft über Jahre im Tierheim leben? Es werden immer mehr Hunde, die nicht oder aufgrund des Alters und ihrer Gebrechen nicht mehr vermittelbar sind. Das Tierheim ist für sie ihr zweites Zuhause geworden. Und die Kosten ?? Trägt der Tierschutzverein! Wer spendet für solche „unattraktiv“ erscheinenden Tiere ohne Vermittlungsaussicht ?

Unsere bayerischen Tierheime – jetzt einmal nur aus Hundesicht – benötigen absolut mehr Unterstützung von öffentlicher Seite, von kommunaler bzw. staatlicher Hand, um diese Mammutaufgabe in den kommenden Jahren bewältigen zu können ! (Siehe hierzu auch den Artikel über die Demonstration in München am 20.September 2018 !)

Vielleicht können Sie nach diesem kurzen Blick hinter unsere Kulissen im Hundehaus ein wenig besser verstehen, warum immer mehr Tierheime in Deutschland schließen mussten und die anderen kaum noch den Kopf über Wasser halten können. Mehr kann und möchte dieser Artikel nicht leisten.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Anmerkung:
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